von Pekka Fröhlich

Einleitung

Nachdem die Verbrennungstriebwagen (VT) der Baureihe (BR) 614/914 des Werks Braunschweig durch das Eisenbahnbundesamt (EBA) zum 01.Januar 2009 ihre Zulassung verloren haben, wird der Personenverkehr auf den Kursbuchstrecken (KBS) 123 (Heidebahn) und 116 (Amerika-Linie) von DB Regio ausschließlich noch mit Fahrzeugen der BR 628.4/928.4 erbracht. Eingesetzt werden die Fahrzeuge vom Bertiebswerk Braunschweig aus. In den folgenden Absätzen wird die (Weiter-)Entwicklung des VT 628 näher beschrieben.


627.0/628.0

Anfang der 70er Jahre brauchte die Bundesbahn einen Nachfolger für die teils schon über 20 Jahre alten Schienenbusse der BR 795 und 798, um auf den Nebenstrecken ein Abwandern der Fahrgäste zu verhindern.
Gewünscht waren sowohl einteilige als auch zweiteilige Garnituren. Die einteiligen Triebwagen wurden als BR 627.0, die Doppeltriebwagen als 628.0 geführt. Von der Konstruktion her unterscheiden sich die 628er von den 627ern nicht. Durch den Wegfall zweier Führerstände und eines Gepäckraumes in einem der Motorwagen ergab sich dadurch ein größeres Sitzplatzangebot, außerdem wurde ein Wagenübergang geschaffen. Für den Antrieb standen wahlweise zwei wassergekühlte Motoren von MAM mit 213kW und Daimler Benz mit 294kW, sowie ein luftgekühlter von KHD mit 221kW zur Verfügung.
Um die Fahrzeuge wirtschaftlicher betreiben zu können, suchte die DB Wege mit nur einer Maschinenanlage auszukommen. Dieses Gelang Ender der 70er Jahre, als Daimler Benz einen stärkeren Motor mit nun 357kW liefern konnte. 1980 wurde dieser Motor in die 628 021-024 eingebaut und gleichzeitig entfernte man die Maschinenanlage aus 628 006, 007, 016 und 017 und setzte diese als Steuerwagen (VS) ein. Später wurden die Steuerwagen in 928 021-024 umgezeichnet.


628.1/928.1

1981 beschafft die DB weitere 3 Fahrzeuge die, aufgrund ihrer Änderungen, als 628.1/928.1 eingereiht wurden. Zu den Änderungen gehörten, dass die Schatenberg-Kupplungen gegen normale Zug- und Stossvorrichtungen ersetzt wurden, es nur noch eine Toilette pro Fahrzeug gab, Verzicht auf eine Tür je Fahrzeughälfte. Die Türen wurden am Kurzkupplungsende jeweils nur auf einer Seite eingebaut und diagonal versetzt angeordnet. Die Toilette wurde am kurzgekuppelten Ende des Motorwagens gegenüber der Einstiegstür angeordnet. Im VS befinden sich an dieser Stelle 3 Klappsitze. Die vorderen Einstiege wurden direkt hinter die Führerstände verlegt. Anstelle des Gepäckraumes wurden auf jeder Fahrzeugseite ein Mehrzweckraum mit 8bzw. 10 Klappsitzen geschaffen, in dem auch Fahrräder und Kinderwagen befördert werden konnten.
Äußerliche Unterscheidungsmerkmale zwischen 628.1 und 628.0 sind die glatten Seitenwände (beim 628.0 gesickt), die einteiligen in Gummirahmen eingesassten Fenster und die automatisch einklappbaren Außenspiegel.
Auch die Kopfform mußte geändert werden, um den UIC-Forderungen nach einem verbeserten Aufprallschutz nachzukommen. Diese erforderte einen besseren Rammschutz in Höhe der Frontscheibe. Dadurch wanderte der Knick ein Stück weiter nach oben und ist nun unterhalb der Frontlichter angeordnet. Die gewünschte einteilige Frontscheibe fiel aber weiterhin dem Rotstift zum Opfer. Weiterhin Verwendung fand der schon in die BR 628.0/928.0 eingebaute Motor DB OM424. Die Höchstgeschwindigkeit bleib unverändert bei 120km/h.


628.2/928.2

Im Juni 1985 gab die Deutsche Bundesbahn den Auftrag zum Bau von 150 Triebzügen der BR 628/928. Aufgrund der Erfahrung die man mit der Vorserie 628.1/928.1 erlangt hatte, wurden bei der Serie einige Veränderungen vorgenommen. So wurden von Seiten der Fahrgäste u.a. ein 1.Klass-Abteil und eine Zugzielanzeige an den Stirnseiten, sowie die Reduzierung und Abtrennung der Raucherplätze gewünscht. Außerdem sollten die Großräume besser belüftet und der Einstiegsbereich am Kurzkupplungsende sollte zugfrei abgedichtet sein. Es bestand auch der Wunsch nach mehr 2+2 Sitzgruppen.
Auch das Personal wünschte sich einige Änderungen wie z.B. einen abschließbaren Führerstand, einen größeren Krafftstoffvorrat und ein höheres Reibungsgewicht. Auch beim Schleuderschutz sahen die Triebfahrzeugführer Optimierungsbedarf. Kürzere Vorheizzeiten waren ebensalls gewünscht. Es wurden alle Änderungswünsche berücksichtigt und umgesetzt.
Grundriss und Aufbau entsprechen im Wesentlichen dem des 628.1/928.1.
Die Kopfform wurde neu gestaltet. Der Knick ist nun über den unteren, bündig versenkten, Spitzenlichtern und das dritte Spitzenlicht unterhalb, der nun einteiligen, Frontscheibe angeordnet. Der Zugzielanzeiger wurde in die FRontscheibe integriert, zusätzlich wurde auf jeder Seite ein Zugzeilanzeiger am Kurzkupplungsende angebracht. Die Einstiegstüren bekamen im unteren Bereich zusätzlich ein Fenster, wodurch sie von den anderen 628/928 leicht unterschieden werden können. Angetrieben wird das Fahrzeug mit dem 410kW starken Motor OM444A aus dem Hause Daimler Benz. Die Höchsgeschwindigkeit bleib weiterhin bei 120km/h.
Um die Serie von den Prototypen unterscheiden zu können, erhielten die neuen Fahrzeuge die Baureihenbezeichnung 628.2/928.2 und wurden zwischen Ende 1986 und September 1989 ausgeliefert.


628.4/928.4

Es war bei der Bestellung der ersten Serie abzusehen, dass 150 Triebfahrzeuge nicht ausreichen würden, da nicht nur die Schienenbusse, sondern auch lokbespannte Wagenzüge auf schwachausgelasteten Streckenersetzt werden sollten. So bestellte die DB im September 1990 weitere 63 Fahrzeuge der Baureihe 628.
Während des Betriebs stellten sich bei der ersten Serie einige Unzulänglichkeiten heraus, so dass man sich entschloss die zweite Serie nochmals zu überarbeiten und diese als 628.4/928.4 zu bezeichnen.
Die Konzeption, Aufteilung und Aufbau des Fahrzeuges blieben unverändert. Geändert wurden u.a. die Türen des Mitteleinstieges am Kurzkupplungsende, die Drehgestelle und die Maschinenanlage. Der Mitteleinstieg wurde von 1050mm auf 1680mm verbreitert und statt einteiliger Schwenkschiebetüren wurden zweiteilige eingebaut. Die unteren Fenster entfielen bei allen Einstiegstüren. Um durch den breiteren Einstieg im Fahrgastraum keinen Platz zu verlieren, wurde der Wagenkasten am Kurzkupplungsende um 500mm verlängert und um 55mm schmaler ausgeführt damit das Lichtraumprofil eingehalten werden konnte. Zur Erhöhung des Unfallschutzes wurden unterhalb der Puffer Unterfahrschutzbleche montiert. Durch diese Änderung sind die 628.4/928.4 von anderen Fahrzeugen der BR 628 leicht zu unterscheiden.
Die Frontscheiben sind nun nicht mehr von schwarzen, sondern von silbernen Rahmen eingefasst und die Zugzielanzeige wurde auf positive Darstellung (schwarz auf weißem Grund) umgestellt.
In der 1.Klasse entfielen die Kofferboxen, wodurch nun zwei Sitze mehr eingebaut werden konnten. Der größere Einstiegsraum in der Fahrzeugmitte ermöglichte den Einbau von vier statt vorher drei Klappsitzen.
Der verwendete Motor ist der schon bekannte OM444LA von Daimler Benz. Allerdings wird dieser nun von MTU gebaut und als MTU12V183TD12 bezeichnet. Der von MTU überarbeitete Motor leistet 485kW und ermöglicht so eine bessere Beschleunigung. Die Höchstgeschwindigkeit bleib unverändert bei 120km/h. Das Wandler-Kupplungsgetriebe T311r lieferte die Firma Voith. Der Tank wurde um 50 Liter (40+10) vergrößert und da das Gewicht gegenüber den 628.2 um 3 Tonnen zunahm, wurden beim Drehgestell die Radsatzwellen, Bremsscheiben und der Rahmen entsprechend angepasst. Insgesamt können von einem Führerstand bis zu sechs Maschinenanlagen gesteuert werden.
Durch die Zusammenlegung von DB und DR wurden weitere Fahrzeuge der BR 628.4/928.4 benötigt. Zwischen November 1992 und Januar 1996 wurden insgesamt 309 Triebfahrzeuge, inklusive fünf der Unterbauart 628.9/629, geliefert.


628.9/629

Für die steigungsreiche Strecke Mainz-Alzey-Worms war die Kombination aus VT/VS zu schwach motorisiert, die Fahrzeiten konnten nicht eingehalten werden. Zunächst wurden für den Einsatz auf dieser Strecke zwei 628.4 miteinander gekuppelt. Da sich das Konzept mit zwei Motorwagen bewährte, wurden 1995 fünf VT/VT-Einheiten beschafft und als 628.9/629 eingereiht. Die Raumeinteilung des 628.9 entspricht der eines 628.4, die 629 erhielten die Einrichtungeines 928.4 mit 1.-Klasse-Abteil. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 140km/h.


Die Zukunft

Der Bund stellt den Ländern seit 1993 Regionalisierungsmittel zur Verfügung, um damit den ÖPNV zu bestellen und zu bezahlen. Die Mittel sind zweckgebunden und sehen u.a. auch die Neuanschaffung von Fahrzeugen vor. Die Ausschreubungskreterien bei der Neuvergabe fordern regelmäßig Niederflurbauweise und Klimaanlage. Dazu erfordern straffe Fahrpläne Geschwindigkeiten die nur zweimotorige Fahrzeuge erbringen können. Die 628 können viele der Vorgaben nicht erfüllen.
Somit haben die Länder selbsz eine Beschaffungsspirale in Gang gesetzt, die die aus Steuergeldern finanzierten Fahrzeuge nach und nach verdrängen werden. Die Nachfolger heißen u.a. LINT27/41 (BR640/BR648), Desiro (BR642), Talent (BR643/644), RegioShuttle RS1 (BR650). All diese Fahrzeuge sind stärker motorisiert und haben teilweise auch zwei Motoren zum Antrieb zur Verfügung. Auch wurden in den 1990er Jahren wieder einteilige Fahrzeuge beschafft, die ebenfalls über zwei Motoren verfügten. Damit war das sehr wirtschaftliche Konzept der einmotorigen VT/VS-Triebzüge quasi beendet worden.
Bei den zukünftig anstehenden Neuvergaben von Strecken kann DB-Regio aus Kostengründen nicht immer als Sieger hervorgehen, wodurch der Bedarf an 628 sinken wird. Da auf Hauptbahnen häufig kürzere Fahrzeiten und höhere Geschwindigkeiten gefordert werden, könnte für die 628er die Zukunft so aussehen, dass zwei Motorwagen miteinander, als sogennantes Powerpack, gekoppelt werden.
Über kurz oder lang ist damit zu rechnen, dass die Triebzüge schon weit vor Ablauf einer vernünftigen Nutzungszeit durch jüngere Fahrzeuge ersetzt werden.
Der Einsatz der BR 628.4/928.4 auf dem Heidekreuz wird aller voraussicht nach zum Fahrplanwechsel im Dezember 2011/2012 beendet werden. Nachfolger werden Fahrzeuge der BR 648 (LINT41) die durch die LNVG bereitgestellt werden.


Technische Daten der BR 628.4/928.4

Gattung: BD+ABD
Indienststellung: ab 1992
Achsfolge: 2`B+2`2`
Länge über Puffer: 46400mm
Dienstgewicht: 66,9t
Kraftstoffvorrat: 1000+250l
Motor: MTU12V183TD12
Leistung: 485kW
Drehzahl: 2100U/min
Kraftübertragung: hydraulisch
Getriebe: Voith T311r
Geschwindigkeit: 120km/h max.
Zugheizung: Warmwasser
Sitzplätze: 146 (12 in der 1.Klasse