Visselhövede – Die Verwaltung hat nach eigenen Angaben „bei allen Verantwortlichen gekämpft wie die Löwen“, genützt hat es allerdings nichts: Die Planungen der Bahn für die etwa 2,4 Millionen Euro teure Umgestaltung des Visselhöveder Bahnstopps sehen vor, dass der Tunnel, der aktuell noch den Bahnsteig eins mit dem Bahnsteig zwei unterirdisch verbindet, zugeschüttet wird.
„Da konnten wir tatsächlich nichts machen, obwohl wir alle Hebel in Bewegung gesetzt haben und selbst Bahnverantwortliche uns wohlgesonnen waren, den Tunnel zu erhalten“, so Visselhövedes Bauamtsleiter Gerd Köhnken. Hintergrund ist demnach das Programm „Niedersachsen ist am Zug“, das viele Fördergelder aus dem Landeshaushalt für derartige Umgestaltungen verspricht. Voraussetzung ist allerdings eine Barrierefreiheit – und das ist eine Unterführung ohne Aufzug nun mal nicht.
© Wieters Die Bürocontainer für die Bauleiter stehen schon auf dem Bahnhofsvorplatz
So müssen die Bahnreisenden künftig weite Wege in Kauf nehmen, wenn sie die Bahnsteige wechseln wollen, denn direkt an den Schienen entlang – auf einem gesicherten Weg natürlich – geht es nicht. Die Stadt hatte nämlich insgeheim in Erwägung gezogen, zumindest bis zum Bahnübergang an der Rosenstraße einen Weg vom Bahnhof an den Gleisen entlang zu realisieren. „Das funktioniert aber leider nicht“, so ein enttäuschter Bürgermeister Ralf Goebel während der vergangenen Ratssitzung auf Nachfrage des Sozialdemokraten Tam Ofori-Thomas. „Der Grundstückseigentümer will keinen Quadratmeter verkaufen.“ Damit fällt eine Abkürzung aus. Wer den Bahnsteig wechseln will, muss zunächst wieder zurück zur Bahnhofstraße gehen. Dann ein Stück weit in Richtung Innenstadt laufen, nach rechts in die Rosenstraße abbiegen und dann am Wehnser Weg bis fast zur Heidesand-Filiale gehen, um den anderen Bahnsteig zu erreichen. Geschätzte Wegstrecke: rund 300 Meter. Der Weg durch den aktuell noch vorhandenen Tunnel beträgt hingegen etwa 18 Meter plus zwei kurze Treppen.
„Selbst mein Besuch bei den Bahn-Planern in Hannover und auch das Einschalten des SPD-Bundestagsabgeordneten Lars Klingbeil hat alles nichts genützt, der Tunnel wird verfüllt“, bedauert der Bürgermeister. Ihm sei mitgeteilt worden, dass das Bauwerk keine Genehmigung mehr habe und bei dem in Zukunft zu erwartenden Verkehr im Güterbereich zu schwach dimensioniert sei.
„Aber besser so einen, als gar kein Umbau“, hatte bereits der SPD-Mann Tam Ofori-Thomas vor einiger Zeit festgestellt. „Wir gehen den Weg der Bahnsteigerhöhung für einen barrierefreien Einstieg mit, weil das immerhin besser ist, als der aktuelle Zustand. Wir nehmen die Lösung an, um eine Verzögerung oder gar eine Gefährdung des gesamten Vorhabens zu verhindern“, sagt Ofori-Thomas. „Wer wie ich täglich erlebt, wie Reisende, ganz besonders die Pendler, durch die Tropfsteinhöhle Tunnel die Treppen rauf und runter gehen müssen, um anschließend einen enorm großen Schritt in den Zug zu machen, nimmt auch diese 75-Prozent-Lösung an.“
Durch den Umbau erhöhe sich außerdem die Attraktivität des Bahnhofs und er sorge damit für eine Entlastung der Straßen. Außerdem hoffe die SPD auf einen Anstieg der Fahrgastzahlen. Die sind in Visselhövede nämlich nicht gerade üppig. Das ist der Grund dafür, warum die Landesnahverkehrsgesellschaft als Vorhabenträger von Fahrstühlen, Über- oder Unterführungen zu den einzelnen Gleisen absieht. „Solche Maßnahmen lassen sich wirtschaftlich nicht darstellen.“
Die WiV-Fraktion im Visselhöveder Stadtrat hatte sich ebenfalls Gedanken gemacht, wie man den Umweg über den Bahnübergang Rosenstraße umgehen kann. „Wir hatten das Walsroder Modell favorisiert, bei dem eine kleine Schranke ein Überweg vom Bahnsteig eins zu Bahnsteig zwei möglich macht, aber in geschlossenem Zustand für Sicherheit sorgt“, so WiV-Chef Eckhard Langanke, dessen Wählergemeinschaft aufgrund ihrer Eingabe im gerade öffentlich ausgelegten Planfeststellungsverfahren beteiligt ist. Aber auch diese Idee sei abgelehnt worden. Mit der Begründung, dass der „hintere Bahnsteig nur sehr selten genutzt werde, weil die Züge in der Regel immer am Bahnsteig eins halten.“ Nur viermal am Tag würden die Lokführer Bahnsteig zwei ansteuern, wenn sich Züge im Gegenverkehr befänden.
Die sogenannten Gleiswechselbeziehungen sind nach Ansicht der Bahn „nebenrangig“ zu betrachten. „Es werden in 90 Prozent der Fälle der Hausbahnsteig angefahren und es gibt keine relevanten Umsteigebeziehungen“, heißt es in der Bahn-Stellungnahme im Planfeststellungsbeschluss zu den Einwänden der Stadt. Aus diesem Grund seien die Geldgeber, die Landesnahverkehrsgesellschaft und DB Station & Service, übereingekommen, dass eine „höhenfreie Verbindung zwischen den Bahnsteigen wirtschaftlich nicht umsetzbar ist.“
Was der WiV schwer im Magen liegt, ist die Tatsache, dass die Nutzung des Umbaus nur von kurzer Dauer sein könnte: „Nämlich dann, wenn in fünf oder zehn Jahren im Rahmen des Alpha-E-Projekts die Ertüchtigung der Strecke erfolgt und wieder etwas verändert werden muss. „Leider ist es so, dass die Planungen nicht ineinandergreifen“, bedauert Langanke, der aber wie sicher alle anderen Visselhöveder Bahnfahrer auch erst mal froh ist, dass „überhaupt etwas passiert“.
Und das umfangreiche Arbeiten geplant sind, die bereits Ende des Monats starten sollen, lässt sich seit Mittwoch auch auf dem Vorplatz des ehemaligen Bahnhofsgebäudes erkennen: Dort wurden morgens vier große Bürocontainer aufgestellt, in denen die Bauleiter ihre Arbeit aufnehmen werden.
Höher und länger
Der Plan für die Änderung der Verkehrsstation Visselhövede, wie der Haltepunkt im Bahndeutsch heißt, sieht einen barrierefreien Aus- und Umbau vor. So werden die Bahnsteige eins und zwei auf einer Länge von 140 Metern erhöht. Und zwar auf 55 Zentimeter über Schienenoberkante, sodass auch Rollstuhlfahrer problemlos die Zugabteile erreichen. Die Bahnsteige selbst werden um rund 30 Meter in Richtung Osten verlängert. Damit die Rollstuhlfahrer auf den eigentlichen, dann ja erhöhten, Bahnsteig kommen, wird eine Rampe gebaut, die weniger als zehn Meter Länge hat. Dabei wird auch berücksichtigt, dass eine spätere nochmalige Erhöhung auf 76 Zentimeter über Schienenoberkante im Rahmen des Alpha-E-Projekts möglich ist. Die jetzt bestehende Personenunterführung wird verfüllt und die Tunneleingänge zurückgebaut, lediglich für Kabelstränge bleibt eine Verbindung bestehen. An dem beschrankten Bahnübergang Rosenstraße wird parallel zum Wehnser Weg eine Zuwegung gebaut, damit Fahrgäste auch den Bahnsteig zwei erreichen können. Eine entsprechende Entwässerung des Areals und eine ausreichende Beleuchtung sind natürlich ebenfalls vorgesehen. Neben dem alten Bahnhofsgebäude errichtet die Stadt einen „Park & Ride“-Platz.
Quelle: Kreiszeitung.de